Dienstag, 2. Januar 2007

Die heiligste Jungfrau Maria in der Geschichte Frankreichs - 03 - Kapitel III

Die Handlung Mariens in der Konversion Clovis' und der Begründung des christlichen Königtums

La Vierge des DruidesM. Lecoy faßt die fünf ersten Jahrhunderte unserer Evangelisation in einem großartigen Bild zusammen:
"Unter den mehreren Volksstämmen (der Evangelisatoren unseres Landes) lassen sich drei verschiedene Nachkommenschaften oder Generationen unterscheiden, davon jede ihre besondere Aufgabe und ihren besonderen Ruhmestitel hat. Die erste daraus ist die der Jünger, der Apostel und von Rom Gesandten. Vom ersten bis zum 3. Jahrhundert predigten sie in den Städten, bekehrten die vornehmen Stände, den Verwaltungsstand (Magistraten), die Arbeiter, die Sklaven, und gründeten um den Preis vieler Opfer, oft durch das ihres Lebens, unsere in Diözesen eingeteilte Kirchen. Ehre sei diesen Arbeitern der ersten Stunde, die den Weg zur christlichen Zivilisation bahnten! Ohne sie wäre die Bevölkerung der Barbarei und Korruption verfallen. Wie wir noch sehen werden, ist unter der Bevölkerung beinahe die gesamte römische Welt zu verstehen. Sie konnte jedoch nicht für die gesamte Welt bestimmend bleiben, da ein solches Vorrecht der Moral des Evangeliums ganz zuwider gewesen wäre. Außerhalb der römischen Befestigung wartete die Masse der Verlassenen, der lange Zug der Opfer des Fiskus, der Invasionen und der gesamte bäuerliche Stand, die noch gänzlich nichtig waren, sich jedoch unter dem fruchtbaren Odem christlicher Gleichheit in besonderem Maße zum Leben, zum sittlichen und materiellen Wohlstand erheben sollten. Diese Operation und die schwierige Geburt, deren Dringlichkeit ich eben aufgewiesen, wird das Werk unserer zweiten apostolischen Nachkommenschaft, und das große gesellschaftliche Ereignis des 4. Jahrhunderts sein. Die Geschichte des Mannes, der dieses Werk in der Hauptsache realisierte, wollen wir näher betrachten. Der hl. Martin schenkt Frankreich tätige, rechtschaffene, gesunde, arbeitsame Generationen, die nach 15 Jahrhunderten der Arbeit, Dezimierung und Heimsuchungen aller Art erneut die höchste Reserve der großen katholischen und nationalen Armee bilden werden. Mit einer Gruppe von Bischöfen wie Hilarius von Poitiers, Maximin von Trier, Simplicius von Autun, usw.... mit seinen Schülern und Mönchen, Brice, Maurille, Victorius, Florentinus, Patricius und der ganzen religösen Heerschar, in der Schule von Marmoutier herangebildet, besetzt er die Kirchen, die Klöster, die Dörfer, den riesigen Raum, der vor kurzem noch im Schatten wilder Wälder und in dem noch dichteren Schatten des keltischen Aberglaubens eingeschlossen war. Er gründet die ländlichen Pfarren, das bedeutsame Zeichen des Heraufkommens einer neuen Schicht und mit seinem Apostolat dringt die Kraft der Christenheit bis zu den tiefsten Wurzeln der Nation vor. Die 3. Nachkommenschaft ist jene, die die barbarischen Stämme, besonders die in Gallien eindringenden, für die Wahrheit gewonnen hat. Es handelt sich insbesondere um die Nachkommenschaft von Sankt Remigius, Sankt Avitus, von Sankt Columbanus und deren mutige Nachfolger. Man kann von ihnen sagen, daß sie die Vergeltungsschläge des Heidentums verhinderten. Sie stellten sich dem Feind entgegen und drängten ihn zurück. Sie kamen als Letzte, aber sie hatten die Ehre, das Werk ihrer Vorgänger zu vollenden und zu befestigen. Sie krönten das Werk und hißten die Fahne auf seinem First. Sie hatten nichts, worin sie die anderen hätten beneiden können. Jede dieser Legionen evangelischer Arbeiter hatte die ihr zugeteilte Arbeit und nichts weniger denn sie war notwendig, um die tief christliche Nation zu begründen. Tantae molis erat Gallorum condere gentem!" (1)
Diese gigantische Arbeit der Konversion unseres Vaterlandes wurde vollbracht durch Maria. Bischöfe, Mönche bekehren die Städte, verteidigen sie gegen die Barbaren, evangelisieren die ländlichen Gegenden und rhoden sie unter dem Schutze Mariens. Von Ihr sprechen sie, wenn sie von Jesus predigen, und ihr zu Ehren errichten sie überall Statuen, Kapellen, Kirchen und Kathedralen.
Satan zog aus, besiegt durch die großen Verfolgungen: sanguis martyrum, semen christianorum. Da er auf dem Wege der Gewaltanwendung gescheitert war, versuchte er den der Hinterlist: die Häresien waren das Mittel, das der Vater der Lüge hierbei gebrauchte.
Während die Völker christianisiert worden waren, waren die Throninhaber des Orients und des Abendlandes, die Adeligen, dem Arianismus verfallen. Die Häresie richtete derartige Verheerung an, daß sie die Kirche darunter zu ersticken drohte und daß providentielles Eingreifen notwendig und unumgänglich wurde, um die von Jesus dem hl. Petrus verheißene Fortdauer der Kirche zu sichern. Luzifer rechnete schon mit seinem nahen Triumph. Dabei vergaß er auf Maria. Denn einmal mehr würde sie mit Ihrem jungfräulichen Fuß die Schlange zertreten. Sie hatte bereits mit dem siegreichen Arm der Merovinger - obwohl diese Heiden waren - , die heidnische und barbarische Invasion Attilas auf den katalanischen Feldern aufgehalten. Sie schickte sich an, sich erneut des Stammes der Merovinger gegen die Häresie zu bedienen, um ihn endgültig - bis ans Ende der Zeiten - , für die Aufgabe der Regierung unseres Vaterlandes zu weihen durch die Einsetzung des gänzlich christlichen Königreichs.
Der hl. Savinius, da er die Senonier evangelisiert hatte, errichtete in Ferrières zu Ehren Mariens eine kleine Gebetsstätte und versammelte zu diesem Anlaß alle Neubekehrten.
"Ein außergewöhnliches Wunder sollte diese neubekehrten Christen in ihrem Glauben stärken. Es war in der Heiligen Nacht, als man sich gerade anschickte, das heilige Meßopfer zu beginnen, als plötzlich ein lebendiges Licht die Gebetsstätte erleuchtete: die heilige Jungfrau erschien, das Jesuskind auf dem Arm und begleitet vom heiligen Josef; Engel schlossen sich dieser herrlichen Erscheinung an, und wie schon bei anderen Malen, stimmten sie das "Gloria in excelsis" an. Von heiliger Begeisterung ergriffen, rief der hl. Savinius: "Hier ist wahrlich Bethlehem". Seither trägt die Gebetsstätte diesen Namen." (2)
Bei der Invasion Attilas brannte die Kapelle nieder. Nach und nach wurde sie wieder aufgebaut. Sie war jedoch noch nicht wieder vollendet, als Chlodwig - obwohl noch heidnisch - von der wunderbaren Geschichte der Gebetsstätte angezogen, im Jahre 481 dorthin kam.
"Die Einsiedler, die über die Stätte wachten, empfingen ihn mit großer Ehrbezeugung. Der Prinz von dem liebevollen Empfang berührt, erzeigte sich wohlwollend, bezeugte ihnen sein Gefallen und seine königliche Freigebigkeit, indem er zur Wiedererrichtung und Verschönerung der religiösen Gebäulichkeiten beitrug. Des weitern wallfahrte die junge Klothilde (3) jedes Jahr dorthin. Die Einsiedler, die ihren Glauben und ihre Frömmigkeit bewunderten, wagten es, Chlodwig von der schönen und tugendhaften Christin zu erzählen. Sie rühmten Klothilde ihm gegenüber in solchem Maße, daß der heidnische König sie zu kennen verlangte. Der Blick des stolzen Sicambre hatte unter dem Mantel ihrer Bescheidenheit bald den Schatz der zartesten Tugenden entdeckt, die sie auszeichneten. Er entschloß sich, sie zu ehelichen, und bald sollte die Heiligkeit Klothildes den Thron Frankreichs zieren." (4)
Unter der Eingebung und dem mütterlichen Blick Mariens also ergab und vollzog sich die Heirat von Cholodwig und der hl. Klothilde, zu welcher der hl. Remigius seinerseits in jeder Hinsicht, in der er es vermocht hatte, beigetragen hat. Denn dieser neue Samuel hatte durch göttliche Erleuchtung und im Namen Gottes die Sendung, bewußt den königlichen Stamm zu wählen, der, wie er in seinem Testament sagt, bis ans Ende der Zeiten regieren sollte und darin das zeitliche Königtum Jesu Christi verkörpern sollte. Nun fiel seine Wahl auf den von den Merovingern entsprossenen Stamm.
Dank dieser Heirat wurde die Bekehrung Chlodwigs und der Franken möglich und damit zugleich die göttliche Sendung Frankreichs. Die Grüdung des gänzlich christlichen Königtums war nun kein Traum mehr und die Kirche konnte ihren zukünftigen Sieg über die Häresien ahnen.
Seit längerer Zeit pflegte Chlodwig Kontakt mit dem Bischof von Reims und auch mit der hl. Genovefa, deren Glauben, große Tugenden und Wundertaten ihn sehr vorteilhaft beeindruckten.
Von Anfang an vereinigte Klothilde ihr glühendes Gebet und ihr inständiges Bitten mit dem des hl. Papstes und der Jungfrau von Paris (Genovefa) und hörte nicht auf, zu Maria, der sie ihre Ehe verdankte, zu flehen, damit diese die Bekehrung ihres königlichen Gatten schenken möge.
In Tolbiac findet die Königin zuletzt Erhörung. Übermannt von der Zahl seiner Feinde, ruft Chlodwig zum Gott der Klothilde und vespricht sich zu bekehren, wenn er Sieger bleibt. Dieser Wunsch war kaum getan, als die Allemannen in wilder Flucht begriffen sind und er einen strahlenden Sieg erringt. Seinem Versprechen treu, läßt sich der König durch den hl. Remigius in die Wahrheiten des Glaubens einführen. Die Bekehrungszeremonie ist für den 25. Dezember festgesetzt. Aber am Vorabend des großen Aktes beginnt der König, von Furcht gepeinigt und beunruhigt, zu zögern. Daraufhin - so berichtet Hincmar - verbringt der hl. Remigius die Nacht zu Füßen des Marienaltars, die Königin ihrerseits zu Füßen des Altars des hl. Petrus. Durch ihr Gebet und ihre Tränen entreißen sie dem Himmel das Heil des Königs und seines Volkes. (5)
Reims Cathédrale du Sacre In der Heiligen Nacht des Jahres 496 tauft der hl. Remigius zu Reims den König, während 3000 Franken ihm die göttliche Einsetzung der Königsweihe verleihen und dadurch im Namen Gottes die unzertrennliche Ehe unseres Vaterlandes mit dem Königtum und dem Stamm Chlodwigs weihen. Der König gibt Gallien den Namen seines Stammes, das damit zu Frankreich wird, so wie die Gattin am Tag ihrer Verehelichung den ihres Gatten annimmt; Frankreich seinerseits gibt den neuen Namen als unwiderrufbare Schenkung der königlichen Familie, deren Mitglieder seither die aus dem "Haus Frankreich" sind. Während der Zeremonie spricht Gott, wie er auch im Moment der Taufe Jesu gesprochen hat, und der Heilige Geist, in Form einer Taube, trägt das heilige Gefäß heran, das den Chrisam enthält, der für die Salbung all unserer Könige bestimmt ist. Unter einer göttlichen Eingebung prophezeit der Bischof dem König in gleichem Sinn, wie Moses dies im Alten Testament dem auserwählten Volk gegenüber tut:
"Wisse, mein Sohn, daß das Königreich Frankreich von Gott zur Verteidigung der Römischen Kirche, welche die allein wahre Kirche Christi ist, auserwählt ist.
Dieses Königreich wird eines Tages groß sein unter allen Königreichen.
Es wird alle Grenzen des Römischen Imperiums umfassen! Und es wird alle Völker seinem Szepter unterwerfen.
Bis ans Ende der Zeiten wird es bestehen!
In dem Maße wird es siegreich sein und erblühen, wie es dem Römischen Glauben treu ist. Jedoch wird es jedesmal, da es seiner Berufung untreu wird, hart gezüchtigt werden..."
(6)
Damit wurde Chlodwig zum Arm Mariens wider die Häresien. Begeistert vom Eifer des Neubekehrten wird er "nach seiner Taufe sagen: 'Es verdrießt mich zu sehen, daß die Häretiker die schönsten Provinzen Galliens besitzen.' (7)". Er zieht ins Feld gegen sie, und in weniger als sieben Jahren zerschlägt er in den Siegen von Dijon über Gondebaud im Jahre 500, und von Vouille über Alaric, den er selbst tötet (507), die Häresien in Gallien, rettet die Kirche und erlaubt ihr die Betimmung der natürlichen Grenzen Frankreichs: den Ozean, den Ärmelkanal, den Rhein, die Alpen, das Mittelmeer und die Pyrenäen. Er kämpft nicht als Bezwinger, sondern als Apostel, der die Seelen für Jesus gewinnen will und Jesus begründet "das Heilige Königreich Frankreich".
Dies, so schließt Baronius, hat Gott getan, damit für aller Augen offensichtlich wird, daß Er die Nation der Franken unter allen übrigen in dieser Weise begünstigt hat, weil sie in der Tat durch ihre Frömmigkeit und ihren katholischen Glauben über allen anderen steht, und weil sie glühender für die Verteidigung der Kirche, denn für die ihrer eigenen Grenzen kämpft." (8)
Zu Recht überschrieb Chlodwig das salische Gesetz mit den Worten: "Die Nation der Franken, erlaucht, hat Gott zum Gründer..."
"Es lebe Christus, der die Franken liebt! Er möge ihr Königreich beschützen und die Oberen mit dem Lichte seiner Gnade erfüllen!..." (9).
Einmal mehr war Maria die Pforte, durch die Chlodwig und die Franken treten mußten, um zu Jesus Christus zu gelangen.
Die Sendung Frankreichs begann.

(1) Lecoy de la Marche: Saint Martin, Buch I, Kap. 3, p. 52-54, herausgegeben bei Mame, 1895. Die Überlieferung erzählt, daß der hl. Martin, als er in Marmoutier weilte, vom Teufel im Stiegenhaus zu Fall gebracht worden und dabei einen bösartigen Sturz erlebt habe, daß dem Heiligen aber Maria erschienen sei und ihn aufgehoben habe. (Hamon, IV, 179)
(2) Hamon: N.-D. de France, Vol. I. p .352; vgl. auch Dom Marion: "Histoire du Gatinais" und Dom Ranessant, Piror von Ferrieres: "Gallia Christianae - Breviarum von Ferrieres, Hl. Nacht, 6. Lektion - die Bulle Gregors XV. und "la Charte de Clovis".
(3) Dom Morion: S. 765
(4) Hamon: id. p. 353
(5) Hincmar: "Vita Sti Remigii", Recueils des Historiens des Gaules et de la France, 1869, Bd. III, S. 376-A.
(6) Migne: Patr. Lat. Bd. CXXXV, p. 51ff; des weiteren Flodoard: Hist. Eccl. Rem. Buch I, Kap. 13 - Bibl. Nat.: A. 112-329)
(7) Migne: ebd. Bd. LXXII, p. 706
(8) Baronius: Annales Ecclesiastiques
(9) Übersetzung von Abbé Lemann nach den "Leges Salicae illustrae" (die erlauchten salischen Gesetze), von Godefroid Wandelin, Anvers 1649

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