Donnerstag, 18. Januar 2007

Die heiligste Jungfrau Maria in der Geschichte Frankreichs - 06 - Kapitel VI

MARIA UND DIE ERSTEN KAPETINGER

Maria kannte die tiefe Verehrung, die ihr seit mehreren Generationen der dritte Zweig des königlichen Stammes entgegenbrachte. Denn schon zu Zeiten der Merowinger hatte Hildebrand, der Bruder Karl Martels und Oberhaupt des kapetingischen Geschlechtes anläßlich einer Schlacht gegen die Barbaren auf Maria vertraut. Sein Glaube wurde belohnt, und er war bemüht, ein Zeichen seiner Dankbarkeit zu hinterlassen, indem er die Kirche U.lb. Frau von Aubune, nicht weit von Avignon gründete.
Anderthalb Jahrhunderte vorher (888) kommt Odo (Eudes) nach Reims, um vom Gesandten des Königs Arnulf, Sohn Karlmann, die Königskrone zu empfangen; diese will er sich nur in der Kirche U.lb.Frau zu Reims auf das Haupt setzen lassen, um so zu zeigen, daß er seine Macht Maria verdankt. (1) Ein wenig später übergibt ein König des gleichen Zweiges - Rudolf - der Kirche U.lb. Frau von Puy (2) kostbare Befreiungen. Zuletzt verbindet Maria Hugo den Großen, Vater von Hugo dem Kapetinger, mit der wunderbaren Heilung von der Brennseuche, die auf der Ile de France wütete. Es wurden jedoch nur diejenigen Kranken gerettet, die sich in die Basilika Notre-Dame von Paris flüchteten, und sich dort lange genug vor der Seuche schützten. Maria schenkte die Gesundheit, während der fränkische Prinz nicht nur die Ernährung der Unglücklichen übernahm, sondern während der Dauer der furchtbaren Epidemie auch für alle anderen Bedürfnisse sorgte. (3)
So bereitete Maria den dritten königlichen Zweig auf das Regierungsamt vor, indem sie ihn mit ihrem Werk des Mitleids und der Barmherzigkeit in Verbindung brachte. Und als es sich 987 zeigte, daß die Karolinger ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren, fiel die göttliche Wahl auf Hugo Capet, sorgte die himmlische Königin dafür, daß die Auswahl in Ihrem Hause, in einem ihr geweihten Kloster geschah: auf Mont Notre-Dame. - Welch bewundernswerter Symbolismus in diesem Namen! - Maria wachte (von der Höhe) über die göttliche Wahl. Hätte sie für das Volk ihrer Vorliebe und für das königliche Geschlecht mehr tun können, denn denjenigen Zweig auf den Thron zu erheben, der den heiligen Ludwig hervorbringen sollte, damit er die Welt mit seinen Tugenden erleuchte und das bewunderswerte Vorbild des vollkommen christlichen Königs verkörpere? Von da an pflegten die Kapetinger Maria den Stern ihres Königreiches zu nennen!"
Die Kirche von Notre-Dame (in Paris) war der Gegenstand der Vorliebe dieser Prinzen, und sie war in ihren Augen die erste unter allen Kirchen des Königreichs. Das zu ihr gehörige Kloster war die erste Schule, in die sie die (königlichen) Kinder Frankreichs schickten, gleichwie unter die Aufsicht Mariens gestellt, welche sie als die beste unter allen Müttern schätzten. Dort wurden die Thronfolger zu den christlichen Tugenden erzogen, dort wurden sie in die Wissenschaften eingeführt, die ihrer Stellung zukam. Der Charme dieser ersten Erziehung veweilte in ihrer Seele als zarte Erinnerung ihr ganzes Leben hindurch. (4) Das ist es, was uns Ludwig VII, in einer Verordnung aus dem Jahr 1155 mitteilt, durch welche er der Kirche Notre-Dame in Paris die Befreiung von den Abgaben zugesteht. "In ihr haben wir, wie im mütterlichen Schoß, die erste Zeit unserer Kindheit und unserer Jugendzeit verbracht, in der Kirche, die unseren Vorfahren besonders lieb war." (5) Innerhalb der großräumigen Umfriedung dieser großen Basilika wurden durch alle Jahrhunderte hindurch die Taufen, die Hochzeiten und die Begräbnisse der Oberhäupter abgehalten. Dorthin pflegten unsere Könige bei der Rückkehr von ihren Kriegszügen stets zu kommen, um Gott und Maria für den Sieg zu danken. Auch haben sie Ihr bei vielen anderen Anlässen die größte Huldigung, die ihr auf Erden entgegengebracht werden kann gemacht. Die Huldigung des schönsten Königreichs nach demjenigen des Himmels."
Nach dem Tode Hugo Capets wollten gewisse Adelige seinem Sohn Robert die Krone verweigern. Die Frage sollte durch einen Zweikampf entschieden werden. Auch hier griff Maria ein, um die Durchführung der göttlichen Wahl und des Salinischen Gesetzes zu sichern. Dem Grafen von Anjou, der für die Verteidigung der Rechte des legitimen Königs kämpfen sollte, vertraute die Königin eine Reliquie an, welche unter denen, die von Königen Frankreichs in frommer Andacht bewahrt werden, eine der kostbarsten ist: den Gürtel der heiligsten Jungfrau, welche die Kaiserin Irene von Konstantinopel Karl dem Großen übersandt hatte. Der Verteidiger des königlichen Blutes gürtete sich damit, wie mit einem Schutzpanzer und sein Vertrauen wurde nicht enttäuscht. Der Gürtel der Jungfrau sicherte ihm den Sieg, sowie die Erhaltung des Thrones für die Kapetinger, auf den Maria sie berufen hatte. (6) Robert der Fromme hatte keine Konkurrenten mehr und konnte nunmehr den Thron besteigen. Während der fünfunddreißig Jahre seiner Regierung tat er alles in seiner Kraft stehende, um Maria seine Dankbarkeit zu bezeigen. Er legte den Grundstein für die Kirche U.lb. Frau von Longpont; er gründete das Stift U.lb. Frau von Melun; er wiederrebaute die Kirche U.lb. Frau der Guten Nachricht (de la Bonne Nouvelle) von Orsay; Königin Bertha erbaute N.-D. von Fresnay und N.-D. von Ségrie; Königin Irmengard, des Königs zweite Frau, wiedererbaute N.-D. von Talloires, usw.... (7) Außerdem wollte er druch die Kundgebung seiner Liebe zur himmlischen Königin zu ihrer Huldigung beitragen. Dazu bestätigte er am 8. September 1022 unter dem Titel der Verordnung von N.-D. de l'Etoile (U.lb.Frau vom Stern) den Orden, den Karl Martel nach der Schlacht von Poitiers gegründet hatte und dekretierte, daß alle Ritter, die Mitglieder des Ordens seien, täglich fünfzig Ave Maria zu beten hätten. Dieser Orden wurde zum Prototyp aller nachfolgend gegründeten Orden. (8) So viel Frömmigkeit konnte seitens Mariens nicht ohne Zeichen ihres Wohlwollens bleiben. Während die Könige Frankreichs durch die Salbung (9) die Kraft zur wunderbaren Heilung von der Skrofulose (écrouelles) erhielten, erhielt Robert der Fromme die außergewöhnliche Gabe, andere Krankheiten auf wunderbare Weise zu heilen. In der Osterzeit kurz vor seinem Tod in Jahre 1031 besuchte der König die Kranken, insbesondere die Leprakranken, küßte ihnen die Hände, berührte sie und heilte sie, indem er das Zeichen des Kreuzes machte. Dies berichtet sein Geschichtsschreiber, der Mönch Helgand. (10)
Der König pflegte die Komposition von Hymnen. Bestimmten davon wurde die Ehre zuteil, von der Kirche aufgenommen zu werden. Dazu gehört das "Ave Maris Stella".
Sein Sohn, Heinrich I., bezeigte 1046 seine königliche Wohltätigkeit zu Gunsten U.lb. Frau von Etampes, und zwei Jahre später zu Gunsten U.lb. Frau von Chartres, dessen neue Basilika gerade konsekriert worden war. Er erklärte sich zu ihrem Sachwalter und Beschützer. (11)
Philipp I. unterzeichnete am Tag seiner Salbung am Pfingstfest, den 22. Mai 1059, eine Verordnung zu gunsten der Kirche U.lb. Frau von Reims und der Kirchen und Abteien dieses Bezirkes. Auch begehrte er, in einem Maria geweihten Kloster begraben zu werden, in N.-D. la Fleury zu Saint-Benoît an der Loire. (12) Während seiner Regierung kam der französische Papst Urban II. nach Frankreich, um zum Kreuzzug aufzurufen. Von N.-D. von Puy aus berief er am 15. August das Konzil von Clermont ein. Dort, gleichsam unter dem Blick U.lb. Frau von Port, entflammte er die französischen Herzen und gewann sie für die Befreiung des Heiligen Grabes (13). Der König begünstigte den Kreuzzug, für welchen sein Bruder Hugo von Vermandois einer der Befehlshaber wurde. Dieser großen Glaubensbewegung und ihrem Enthusiasmus, der von Frankreich ausging und die übrige christliche Welt ergriff, konnte Maria nicht abhold sein.
Ludwig VI., der Dicke, wollte Theobald IV., den Grafen von Chartres, wegen seiner Unverschämtheit durch Respekt und Hingabe an U.lb. Frau züchtigen und wünschte daher, die Stadt nicht als Krieger, sondern als Wallfahrer zu betreten. In Erinnerung an seinen Schwager, Karl den Guten, Graf von Flandern, der zu Brügge ermordet worden war, gründete er die Abtei N.-D. de Chaalis, die dank seiner Freigebigkeit und derjenigen seiner Nachfolger zu einer der bedeutendsten Abteien des Königreichs wurde. Er schenkte 1130 der Abtei von Saint-Benoit an der Loire die Kapelle von N.-D. de Lepinay und im selben Jahr kaufte er zusammen mit der Königin Adelheid von Savoyen das Kloster und die Kirche St. Maria vom Montmartre, installierte dort die Benerdiktiner und bestimmte, daß die Kapelle Maria geweiht werde. (In dieser Kapelle wurde die Begründung der zwei großen religiösen Orden entschieden. Am 15. August 1534 legten der hl. Ignatius und seine ersten Begleiter zu Füßen des Altars der Jungfrau ihre ersten Gelübde ab. Am 2. Mai 1645 gelobt M. Olier und seine Hauptassistenten erneut, daß er sich der Heranbildung der Kleriker in den Seminarien widmen will.)
Es ist dies die Epoche der großen Klostergründungen. Cluny, das Wilhelm der Fromme, der Herzog von Aquitanien, 910 gründete, befindet sich in voller Blüte. Sankt Bruno rief la Chartreuse ins Leben. Robert von Arbrisselles gründete Fontevrault, Norbert das Kloster im Waldtal Praemonstratum, der heilige Stephanus (von Thiers - auch von Muret) das zu Grandmont; der heilige Robert und der heilige Johannes Gualbertus (Walbert) gründeten mehrere andere Kongregationen, und zuletzt tritt ein neuer benediktinischer Zweig hervor, der den wahren Geist der einfachen Ordensregel, die in Cluny erschlafft war, wiederherstellt: die Zisterzienser unter Robert von Molesmes (1098).
Nach einigen Jahren war die Neugründung aufgrund einer Epidemie, die eine große Zahl von Opfern forderte, im Verschwinden begriffen. Da schickte die Vorsehung denjenigen, der nicht nur den Zisterziensern zu unvergleichlichem Ruhm und Wohlhabenheit verhelfen sollte, sondern der die Welt mit seinem Geist und seinen Tugenden erleuchten sollte, den heiligen Bernhard. Mit dreißig Gefährten, die er bekehrt und zum religiösen Leben geführt hatte, trat er ins Kloster ein. Drei Jahre später wurde er zum Abt der Neugründung, der von Clairvaux. Unter der Leitung Bernhards entwickelte sich der Orden dergestalt, daß die Abtei 68 andere Filialen in Frankreich, England, Deutschland und Spanien umfaßte, wodurch der Orden in zunehmendem Maße die Leute hervorbrachte, die die klösterliche Welt bevölkerten.
Der Einfluß des heiligen Abtes erstreckte sich auch auf andere benediktinische Zweige. Er erwirkte die Reform von St-Denis durch Abt Suger und die Cluny's durch Petrus den Ehrwürdigen (Pierre le Venerable). In seiner Predigt "De conversione ad clericos" erinnerte er die Geistlichkeit an ihre Mission, und in der Abhandlung "De moribus et officio episcoporum" weist er die Bischöfe zurecht. Er vermittelte zwischen den Königen Frankreichs Ludwig VI dem Dicken und Ludwig VII dem Jüngeren. Er beendete das Schisma der Gegenpäpste Anaclet II und Victor IV und bewegte letzteren, sich der Jurisdiktion Innozenz' II zu unterstellen. Sein Schüler, Bernhard von Pisa, der unter dem Namen Eugen III den päpstlichen Thron bestieg, gab ihm Gelegenheit zur Verfassung der bewunderswerten Abhandlung "De consideratione", über die Pflicht des Papsttums, das zum Lieblingsbuch des Papstes wurde.
Seine Tätigkeit erstreckte sich bis in den Orient. Hugo von Payns, der Gründer der Tempelritter (Templer) hatte die Hilfe des hl. Bernhards verlangt, worauf Bernhard für ihn die Abhandlung "Über den Zweck der neuen Miliz" (De laude novae militiae) schrieb. Beim Tod von Foulques, dem König von Jerusalem, im Jahre 1143, erteilte er der Königin Melisande während der Minderjährigkeit des jungen Balduin wichtige Ratschläge.
Nach der Einnahme von Edessa (einer Stadt in Mazedonien), die das christliche Königreich Jerusalems bedrohte, verlas Bernhard auf der nach Vezelay einberufenen Versammlung die päpstliche Bulle, die den Kreuzzug verlangt; durch seinen begeisterten Vortrag und seine Predigten in Frankreich wie auch in Deutschland gewinnt er den König von Frankreich, Ludwig VII. und den deutschen Kaiser Konrad III. für den Kreuzzug. Hierfür erlangte er sogar in Polen und Dänemark Hilfe. Sein Handeln gegen die Häresie, besonders gegen Petrus Abaelard, Arnold von Brescia, die Henricianer (Anhänger Heinrichs von Lausanne) von Albi und die Neomanichäer von Köln und Chalon, war nicht weniger wirksam. "Er hatte das unmittelbare Gespür und sichere Gefühl, den unerklärlichen Sinn für die Frömmigkeit und die Wahrheit, die auch die kleinsten Abweichungen von der katholischen Lehre sofort entdeckt", schreibt P. Ratisbonne.
Vor allem aber war der hl. Bernhard zugleich der große Verkünder und der große Theologe der Liebe Gottes und der Vorrechte der Hl. Jungfrau. Er vertrat, daß Maria als die Muttergottes die Fülle aller Güter erhalten habe, die unseren Reichtum ausmache; denn da Sie für sich selbst "voll der Gnade" ist, ist Sie für uns übervoll und überreich, die Vermittlerin und Spenderin aller Gnaden. "Es ist der Wille Gottes, daß wir alles durch Maria empfangen... Der Sohn erhört die (Bitten der) Mutter, wie der Vater die des Sohnes erhört. Meine Kinder, seht die Leiter der Sünder; hier liegt mein ganzes Vertrauen und der Grund all meiner Hoffnung", und in der Begeisterung vertrauensvoller Liebe schrieb er das rührende und erhabene "Memorare".
Der hl. Benhad verdient den Titel des "honigfließenden Lehrers - doctor mellifluus". Ihm war es vorbehalten, die glorreiche Liste der Kirchenväter zu beschließen und "so groß zu sein, wie die Größten unter ihnen". Pius VIII. verlieh ihm 1830 den offiziellen Titel des "Kirchenlehrers". (14)
Hinsichtlich der Verehrung Mariens stand Ludwig VII. seinen Vorfahren in keiner Weise nach. 1140 wallfahrtete er nach Longpont und übergab dem Bischof von Senlis eine offene Urkunde, in der er ihm erlaubte, die Gläubigen zum Wiederaufbau der niedergebrannten Kirche U.lb. Frau aufzurufen, damit konnte dort von 1170 an die Marienverehrung fortgesetzt werden. Er schenkte außerdem eine Lampe und die notwendige Rente, damit diese Lampe ununterbrochen vor dem Altar Mariens brenne. Im gleichen Jahr gründete er zusammen mit der Königin Adele von Champagne die Abtei U.lb. Frau von Montetis bei Brie Compte Robert. Im Schloß Fotainebleau befindet sich die von ihm errichtete Kapelle, die der heilige Thomas von Canterbury einweihte (15). Seine Liebe zur Jungfrau wurde noch inniger, als er noch im vorgeschrittenen Alter den so lange ersehnten Sohn erhielt, und als Maria ihn einige Jahre später von einer Krankheit rettete, die seinen Tod bedeutet hätte. Ihr zum Dank erbaute er die Abtei unserer lb. Frau von Barbeaux, wo er auch begraben sein wollte. (16) Ehe er auf den Kreuzzug ging, hatte er seine Person und sein Königreich dem Schutz Mariens empfohlen, indem er nach Liesse und Puy wallfahrte.
Philipp-August, der seine Geburt Maria vedankte, liebte den häufigen Besuch ihrer Gnadenstätten. Chartres, Le Puy, N.-D. de Boulogne, N.-D. la Fleury, usw. ... Er überschüttete die Abtei N.-D. von Preuilly bei Provins mit seinen Gaben, aus Dankbarkeit ob der Einnahme von Montrichard, und weil ihm Maria während des Kampfes gegen die Engländer einen reichen Regenguß zur 'Erquickung seiner Armee schickte, die vor Durst beinahe umkam, wiedererbaute er N.-D. von Nanteuil. (17) Außerdem legte Philippe-Auguste den Grundstein der eigentlichen Kathedrale Notre-Dame in Paris, für deren Erbauuung er große Summen aufbrachte. Es ist zum Teil auch seiner königlichen Freigebigkeit zuzuschreiben, daß die Kathedrale von Chartres nach dem Brand von 1194 wiedererbaut werden konnte.
Ohne Erbe für die Krone vertraute er auf Maria, der er sein Leben verdankte. Königin Isabella wallfahrte nach Chartres und 1187 schenkte sie demjenigen das Leben, der der Vater des heiligen Ludwig sein wird.
Nachdem diese große Gnade gewährt war, schickte Maria sich an, die leuchtenden Zeichen ihrer Vorliebe gegenüber dem König von Frankreich in drei denkwürdigen Fällen, die den Sieg und das Heil des Königreichs sichern, unter Beweis zu stellen:
Während sich Philippe-Auguste und der König von England wegen des Besitzes des Herzogtums von Aquitanien bekämpfen, greift U.lb. Frau von den Wundern von Deols am 24. Juni 1187 ein. Nachdem der König Frankreichs mehrere Tage hindurch vergeblich vesucht hatte, Fiedensverhandlungen einzuleiten, "wollte er den Kampf eröffnen, um den langen Krieg duch eine entscheidende Aktion zu beenden. Die Einwohner von Deols waren von dem verbissenen Kampf, der nun wieder aufleben sollte, erschreckt, warfen sich vor dem Bildnis Mariens nieder, um sie zu bitten, das Blutbad zu verhindern. Während sie beteten, hatten sich die beiden Armeen zum Kampf aufgestellt. Gerade sollte das Zeichen zum Kampf gegeben werden, als der englische König, - plötzlich friedlich gestimmt -, zusammen mit seinem Sohn hervortrat und mit Philippe-Auguste zu sprechen begehrte. Dieser kam und der englische König erklärte ihm, daß er bereit sei, die in den vorausgegangenen Verhandlungen vorgeschlagene Bedingungen anzunehmen, worauf der Friede unterzeichnet wurde. Eine derartig unerwartete Nachricht verursachte allgemein Ergriffenheit. Der König und die Adeligen, die Leute wie auch die Soldaten, alle erkannten in der plötzlichen Verwandlung der Situation, da der Zorn seine Spitze erreicht hatte und der Kampf auszubrechen drohte, ein Wunder. Das gleiche Gefühl der Bewunderung versammelte sie alle vor dem Bildnis Mariens, um sie zu preisen. Es gab keine Feinde mehr, Franzosen und Engländer waren vor der Mutter nur eine Familie von Brüdern, vor der Mutter, die sie beschützt und vor dem Tode gerettet hatte." (18)
"Im Jahr MCXCVIII, nachdem Philippe-Auguste entschieden hatte, Gisors zu Hilfe zu eilen, der von Richard I. (Löwenherz) bedroht wurde und treu dem Versprechen vor seinem Vasall nicht zu fliehen, hatte sich gerade einen Weg durch die feindliche Linie eröffnet, als die Brücke, die zur Stadt führte, unter ihm zusammenbrach. In den Fluß Epte stürzend, ruft er die heilige Jungfau an, deren Statue die Brücke ziert. Er entrinnt der Gefahr und wird in der Stadt empfangen. Zum Zeichen seiner Dankbarkeit läßt Philipp die Brücke und die darauf angebrachte Muttergottesstatue Mariens vergolden, unter deren Schutz er sich im Moment der Gefahr gestellt hatte." (19)
Im Jahre 1214 ist die Situation Frankreichs tragisch. Es ist eingeschlossen; zu Poitou von den es bedrohenden Engländern, im Norden durch Kaiser Otto, der es mit zweihunderttausend Mann angreift, um Philippe Auguste die Krone zu entreißen. Dieser verkennt die Faktoren der geistigen Situation keineswegs. Er weiß, daß sein Gegner vor kurzem exkommuniziert wurde und beabsichigt, Frankreich auszulöschen, um dann gegen Papst und Kirche vorzugehen. Daher schenkt der König Gott sein ganzes Vertrauen und appelliert an alle französischen Pfarren. 60.000 Mann kommen zu den Waffen. Der König geht nach Saint Denis, kommuniziert, nimmt die heilige Oriflamme (die rotseidene Kriegsstandarte der alten französischen Könige) und marschiert gegen den Feind. Am Morgen, bei Bouvines, - er fühlt den tiefen Ernst der Stunde -, nachdem er sich der heiligen Jungfrau geweiht hat... (20), läßt er die Oriflamme ausbreiten und schlägt den Feind in die Flucht, der ihm zahlenmäßig dreifach überlegen ist. Die Kirche und Frankreich sind gerettet. Der König schickt sofort einen Boten zu seinem Sohn Ludwig nach Lyon, wo dieser bei Poitou die Armee gegen die Engländer kommandiert. Der bereits siegreiche Thronfolger schickt seinerseits einen Boten an seinen Vater. Die beiden Boten treffen sich vor den Toren von Senlis. An der Stelle des denkwürdigen Zusammentreffens gründet der König die Abtei U.lb. Frau vom Sieg (de la Victoire), die Maria geweiht ist und läßt eine Statue anfertigen.
Gleich nach seiner triumphalen Rückkehr nach Paris begab sich Philipp-August zur Notre-Dame, um sich vor Maria niederzuwerfen, um ihr für den Sieg zu huldigen und ihr seine Dankbarkeit zu bezeugen.
Nach so vielen Wohltaten wünschte der König, daß nach seinem Tode sein Herz in einer Marienstätte zur Ruhe gelegt werde. Hierzu erwählte er sich N.-D. von Mantes, das einst einen seiner Onkel väterlicherseits zum Abt gehabt hatte.
Während der Herrschaft Philipp-Augusts, die für die Kirche, wie auch für Frankreich besonders glorreich war, führte Maria die Gründung zweier großer religiöser Orden in Frankreich herbei. 1197 verweilte Johannes von Matha in der Gebetsstätte U.lb.Frau von Limon und wurde dort zur Gründung der Trinitarier berufen. Ihre Aufgabe war es, die von den Mauren, welche die Mittelmeerküste verheerten, in die Gefangenschaft geführten Christen zu befreien. Um dieses großartige Werk zu verwirklichen, wandte sich Johannes von Matha an einen Prinzen des Hauses Frankreich, an Felix von Valois. (Beide wurden kanonisiert)
Etwas später, (1206), sah der bei U.lb. Frau von Prouille verweilende hl. Dominikus einen Feuerball, der dreimal vom Himmel herabschwebte, und er entnahm daraus, daß es der Wunsch Mariens sei, daß er seinen Orden hier gründe. Einige Jahre später, als Simon von Monfort mit Waffengewalt gegen die Häresie kämpfte, ohne jedoch ihren Führer, den Grafen von Toulouse bezwingen zu können, erschien während der entscheidenden Schlacht Maria in der Kapelle von N.-D. de Saint-Jacques von Muret dem hl. Dominikus, der dort mit noch sieben Bischöfen und zwei Äbten betete, und übergab ihm einen Rosenkranz. Die erste Frucht des Rosenkranzes war das Ende des Krieges gegen die Albigenser. Mit der Überreichung des Rosenkranzes begann ihre Niederlage, da sie bald an ihrem Ziel verzweifeln mußten. Der hl. Dominikus war von der wunderbaren Wirkung dieses Gebets erstaunt und begründete in einer der Kapellen der Kirche von Muret die Rosenkranzbruderschaft." (21)
Maria wollte nicht, daß diese Krone von Ave-Gebeten andernorts denn auf dem Boden Frankreichs erstehen sollte, denn "keine kindlichere Hand, denn die Frankreichs, konnte dieselbe Seiner Königin auf die Stirn setzen." (22) Blanka von Kastilien pflegte den Rosenkranz in besonderer Weise und verdankte dieser neuen Form der Verehrung die Geburt ihres Sohnes: des heiligen Ludwigs.
Einmal mehr hatte Maria über die Häresie gesiegt und sich dabei Frankreichs bedient.
Ludwig VIII. setzte die Wohltaten seines Vaters gegen die Kirche und Klöster, die Maria geweiht waren, fort, besonders gegenüber N-D. von Plaisance bei Montmorillon, die Eintracht der Adeligen unterstellte er dem Schutz U.lb. Frau von Rocamadour, um deren Beistand für den Kreuzzug gegen die Albigenser zu erlangen, in dessen Verlauf er sich eine Krankheit zuzog, an der er nach dreijähriger Herrschaft starb. In seinem Testament verlangte er, daß sein gesamter persönlicher Besitz verkauft und daß vom Erlös ein Kloster zu Ehren der Himmlischen Jungfrau gegründet werde. In andächtiger Weise verwirklichten Blanka von Kastilien und sein Sohn, Ludwig der Heilige, diesen Wunsch und erbauten die Königliche Abtei N.-D. von Royaumont, eine Kostbarkeit besonderer Art (23).

(1) Dom Bouquet, "Recueil des Historiens des Gaules et de la France", VIII, p. 88A und 215D
(2) Ebda. IX, p. 564D
(3) Dom Bouquet - op. cit., VII., p. 199D. Flodoard
(4) "Das bemerkenswerteste an diesem Kloster war die berühmte Schule, die im Mittelalter dort unter der Leitung des Kapitels stand, in der mehr als einmal die Kinder erzogen wurden, und die der Kirche sechs Päpste gab, neunundzwanzig Kardinäle, eine Vielzahl von Bischöfen und eine große Zahl hervorragender Männer, ausgezeichnet durch ihr wissenschaftliches und literarisches Wissen und durch ihre Heiligkeit". (Hamon: "Histoire du culte de la Sainte vierge en France - Tome I, p. 32)
(5) Auszug aus dem Pastorale des Werkes von Gerard Dubois. "Histoire de l'Eglise de Paris", II. 17 - Hamon, op. cit. I, 17-18

(6) Hamon, op. cit. IV. - 178
(7) Vgl. Hamon, Bd I. 331 - dom Bouquet. X, Chron.: CXLVII - Rerum Gallic. Scrip.: 270
(8) Saint Victor. Tableau de Paris, Bd. I, S. 3; Hamon: IV, 188
(9) Vgl. unsere Studie. "La Mission divine de la France, S. 67-73, Toulouse 1947
(10) Helgand, op. cit. p. 30; - dom Bouquet. X Ind. Chron. CLXXX et P. 115 A u. B.
(11) Dom Bouquet: XI, 217 A, 579 u. 580, 583 u. 584
(12) Dom Bouquet, op. cit. XI, Index S. 62
(13) Der Papst und Pierre l'Ermite (Petrus der Einsiedler) wollten die Mutter nicht vom Sohne trennen. Daher verbanden sie für die Kreuze der bewaffneten Wallfahrer (Kreuzfahrer) die Farbe Weiß Mariens mit dem Purpur des Kruzifixes. (Mgr. Richard: "Mission de la France", S. 151)
(14) Vgl. "Vie de St-Bernhard", von R.P. Ratisbonne. - Le Dictionnaire pratique des connaissances religieuses I, 774: L'article de Vacandard - "Marie Mediatrice" von St. Bernhard, Übesetzung und Anmerkungen von "De Aquaeductu" von R.P. Geoffroy O.P., 1932, Edition de la Revue du Rosaire a St-maximin
(15) Hamon I, 318
(16) Hamon, id. I, 317
(17) Hamon, id. I, 150
(18) Labbe: bibliotheca nova - Chronique de Deols. - Hamon, op. cit. II, 43 u. 44
(19) Inschrift des Sockesl der goldenen Statue auf der Brücke von Gisors. - Außerdem zeigt eines der Fenster der Kirche von Gisors Philippe-Auguste kurz vor dem Ertrinken im Fluß Epte, verfolgt von den Engländern, jedoch in wunderbarer Weise errettet, nachdem er die Heilige Jungfrau angerufen hat, deren Statue auf der eingebrochenen Brücke angebracht ist
(20) Sebastian Rouillard: Parthenie, chap. VI - 1609
(21) Hamon, op. cit., III, 276
(22) R.P. Lepicier: "Marie Reine de France" in "Messager de la T. Ste Vierge", Nov. Dez. 1936 - N.-D. de Beauregard, par Orgon (B.-du R.).)
(23) Duclos: "Histoire de royaumont, sa fondation par St-Louis", Paris, Douniol 1867, B.d I, S. 30, und Gründungsurkunde von 1228 von P. S. 37-42.

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