DIE JUNGFRAU MARIA UND DIE KAROLINGER
Immer ist Maria siegreich geblieben über die Häresien, und man kann ohne Furcht hierin zu irren behaupten, daß keine - wie auch immer geartete Häresie - je ohne das Eingreifen Mariens überwunden wurde.
Einmal hat die allerseligste Jungfrau Frankreich und seinen König Chlodwig bereits hervortreten lassen, um bei Vouillé die Häresie zu zerbrechen und die Kirche zu retten.
Zweieinhalb Jahrhunderte später rücken allerorts die islamischen Horden gleich einem zerstörerischen Sturzbach vor und scheinen Europa überschwemmen zu wollen. Sie kampieren bereits in der Ebene von Poitiers, wo sie - ihres Sieges sicher - in ihrem Lager sich zuchtloser Festivitäten hingeben.
Sie rechnen nicht mit Maria: die Königin des Himmels - um die schwerstens bedrohte christliche Kultur zu retten - , beruft erneut den königlichen Stamm der Franken, und läßt Karl Martel hervortreten, um die "Taten Gottes" fortzuführen. Die christlichen Soldaten - weit davon entfernt, die Ausschweifungen der mohammedanischen Saktierer nachzuahmen, bereiten sich nach dem Vorbild ihrer Führer in edler Manier auf den Kampf vor. Bouniol beschreibt das christliche Lager folgendermaßen: "Dort war kein ausgelassener Gesang, keine überschwengliche Musik zu hören und es wurde nicht gefeiert; es herrschte ernsthafte Stille und eine Ruhe, die etwas Außergewöhnliches an sich hatte. Die Soldaten, die ernsthaften Gedanken nachhingen, sprachen wenig miteinander; eine große Anzahl von ihnen drängte sich um ein Zelt, darüber das Kreuz aufgestellt war. Dort befanden sich die Priester. An verschiedenen Plätzen waren die Krieger damit beschäftigt, Altäre aufzustellen und zu schmücken. Und lange bevor die Sonne die ersten Strahlen über den neuen Tag aussandte, feierten die Bischöfe und die Priester an diesen Altären die Messe, während sich die Menge der Soldaten niederkniete, um das Brot der Starken, die Heilige Eucharistie, zu empfangen.
Karl Martel und seine Knechte machten den Anfang. Tief andächtig kommunizierten sie nacheinander. Der Sohn Pippins erstarkte mit seiner Sendung und angesichts der übergroßen Gefahr. Sofort nach dem Empfang der hl. Kommunion war er gewiß, daß er nicht mehr alleine war, sondern daß er in seinem Herzen den lebendigen Gott trug. Indem er sich erhob, fühlte er in sich eine neue unerhörte, übermenschliche Kraft und sein erhabenes Vertrauen, seine unbezähmbare Kraft verrieten sich im Glanz seines Blickes.
Angesichts dieser Flamme, die von seinen Augen ausging und der heiligen Kühnheit, die von seinem Gesicht erstrahlte, breitete sich unter seinen Knechten ein Beben aus, sodaß alle unwillkürlich in die Hände klatschten und ihm zujubelten: "Es lebe der gütige Karl! Ehre und Sieg dem Oberhaupte Frankreichs! Es lebe der Herr! Es lebe sein Christus! sprach der Held, denn durch Ihn allein sind wir siegreich!" (1).
Karl Martel stürzt dann mit der ganzen fränkischen Wut auf die Sarazenen; auf den Feldern von Poitiers schlägt und zermalmt er sie wie mit einem Hammer. (2).
Wieder einmal hatte Maria mit ihrem jungfräulichen Fuß über die Häresie triumphiert und der königliche Stamm der Franken war dabei das Werkzeug, mit dem die teuflische Schlange zermalmt wrude. Der Sieg wurde an einem Samstag, am Tag der allerseligsten Jungfrau, errungen. (3).
Karl Martel schrieb den Sieg von Poitiers Maria zu. Ein Jahr zuvor hatte ihm die Jungfrau anläßlich der Belagerung von Avignon schon einmal den Sieg geschenkt. Bei Tagesanbruch ließ Karl in seinem Zelt das heilige Meßopfer feiern und empfing die heilige Kommunion. An der Spitze seiner Truppen schlug er anschließend den Feind in die Flucht und bemächtigte sich der Stadt. Um Gott und Maria zu danken, ließ er am gleichen Ort, wo die Schlacht beendet worden war, nochmals das Meßopfer feiern. (4).
Maria segnete die Nachkommen von Karl Martel in besonderer Weise: sein Sohn, Pippin der Kleine, bestieg den Thron. Er legt großen Wert darauf, seine Krone unter den Schutz der Himmelskönigin zu stellen und wünschte, daß seine Weihe nur in einer der Jungfrau geweihten Kirche vollzogen werde. Der Papst kommt, um den für die Regierung würdigsten Prinzen zu weihen. Aus Dankbarkeit kommt er dem Papst zu Hilfe. Mit Seiner Armee dient er der Kirche als Schutzwall, und sein Schwert sichert ihr Sieg und Freiheit. Er begründet den zeitlichen Besitz des Heiligen Stuhls, das alleinige und wirkliche Unterpfand seiner Unabhängigkeit.
Es dauerte indes nicht lange, bis sich der marianische Schutz kund tat: eines Tages verirrte sich der auf der Jagd befindliche König in der Tiefe des Waldes von Tarentaise am Fuß eines Gletschers. Während er verzeifelt nach dem Weg suchte, ertönte plötzlich der helle Klang eines Glöckchens. Dies war die Rettung. Das Läuten führte ihn des Weges zu einer Einsiedelei, die einfache Gebetsstätte ist Maria geweiht. Dankbar und inbrünstig betet er zu Füßen der ländlichen Madonna und legt dort seinen goldbestickten und mit Edelsteinen besetzten Hut nieder. (5).
In seine Residenz zurückgekehrt, läßt er die kleine Kapelle erbauen, die seither zum Wallfahrtsort Unserer Lieben Frau von Vernettes bei Pésey wurde. (6).
Im Jahre 756 hatte er N.-D. de la Chausse in Valenciennes gegründet. Ihm ist auch die Gründung der Abtei von Ste Marie de Sorèze zu verdanken, die im 17. Jhdt. berühmt wurde, als Ludwig XIV eine Offiziersschule dort einrichtete.
Maria schenkte Pippin einen Sohn, der so groß war, daß "die Erhabenheit in seinen Namen eindrang: Karl der Große (Charlemagne)". Von frühester Kindheit an pflegte Karl eine tiefe Andacht zur Jungfrau. Auch hörte er in der langen Periode seiner Regierung nicht auf, die Verehrung der himmlischen Königin in seinen Staaten zu entfalten. Er begnügte sich nicht mit dem Besuch der wichigsten Wallfahrtsorte der Jungfrau wie Chartres, Rocamadour, den er zusammen mit Rolland besuchte, Le Puy, das er zu einem der drei Orte machte, wo die Gläubigen den Peterspfennig spenden konnten. Unserer Lieben Frau von Moutiers machte er wichtige Schenkungen und unserer Lieben Frau von Condat zu Livorno übergab er eine Dorne der Heiligen Krone. Er restaurierte N.-D. des Doms, erbaut duch die hl. Martha, wohin der hl. Dionysius und der hl. Remigius zu pilgern pflegten. Gleichfalls erbaute er die Stätte Unserer Lieben Frau von Alyscamps in Arles wieder, die der hl. Trophimus gegründet und der "Jungfrau, die noch lebt" geweiht hatte, die jedoch von den Sarazenen zerstört worden war. Die Anzahl von Kirchen und Abteien, die er unter dem Schutz Mariens gründete ist so groß, daß in jeder unserer Provinzen mehrere zu finden sind. Zu nennen sind besonders N.-D. von Ligueux zwischen Périgueux und Brantôme, N.D. von Montuzet nahe Blaye, die Abtei von N.-D. la Fleurie in Figeac, die von Camon bei Pirepoix, N.-D. von Piétat in St. Savin de Lavedan bei Argèles und andere.
Seine Armeen dienten nur dazu, den Glauben zu verbreiten und die Heiden zu besiegen. Er stellte die Armee unter den Schutz Mariens und setzte ihr Bildnis auf seine Standarten. In den Kampf gegen die Sarazenen ziehend, gründete er das Kloster von N.-D. von Trémolat, dem er das "Heilige Hemd des Jesus-Kindes", das die Heilige Jungfrau selbst angefertigt hatte, schenkt. Als er während dieses Krieges bei Foix lagerte und "eines Nachts eine strahlende Helligkeit und eine in ihrer Schönheit erstrahlende Frau" sah, ließ er dort die Kapelle von N.-D. von Sabart erbauen.
Siegreich über die Sarazenen, erbaute er am gleichen Ort seiner Siege N.-D. von Montgauzy nahe Foix, und N.-D. de Grâce nahe Nîmes, wo man seither für die für die Kirche und Frankreich gefallenen Soldaten betet. (7).
In diesem Moment ergibt sich eine Tatsache, die bedeutsam ist für die Entfaltung der Zärtlichkeit Mariens Frankreich gegenüber, durch Frankreich der Welt gegenüber, wie auch für die zukünftige Verehrung Mariens in unserem Land: 778 wird Karl der Große entlang der Pyrenäen durch eine Burg aufgehalten, die vom sarazenischen Prinzen Mirat besetzt ist. Von der Einnahme dieses strategischen Punktes hängt die Evangelisation der ganzen Umgegend ab. Mirat hält jedoch monatelang allen Angriffen stand. Alle Aufforderunegen, sich zu ergeben, alle Vorschläge, Graf und Ritter Karls zu werden und das Anerbieten, er solle allen Besitz behalten, wenn er sich taufen ließe, schlägt er mit der stolzen Antwort aus:
"Ich kenne kein sterbliches Wesen über mir und ziehe den Tod der Schande der Kapitulation vor".
Entmutigt gedachte Karl der Große, die Belagerung aufzuheben, als sein Feldgeistlicher, der Bischof von Puy in glühendem Gebet zu Unserer Lieben Frau von Puy flehte. Die Erhörung seiner Gebete ließ nicht lange auf sich warten, denn die Jungfrau girff ein "in einer Weise, in der die Ehre und der Vorteil des Sieges ihr allein vorbehalten blieb: ein riesiger Adler hatte vor der Burg einen übergroßen Fisch niedergelegt; Mirat über das Wunder in höchstes Erstaunen versetzt, ließ ihn durch seinen Diener Karl mit den Worten überbringen. "Mein Herr läßt Dir sagen, daß er (selbst nach der langen Belagerung) keine Hungersnot fürchte; sein Fischteich enthalte viel bessere Fische, deswegen schenkt er dir diesen". Daraufhin erbat sich der Bischof von Puy die Erlaubnis, als Parlamentarier auf die Zitadelle steigen zu dürfen. "Als er Mirat gegenüberstand, sagte er zu ihm: da du dich Karl dem Großen, dem größten aller Prinzen, nicht ergeben willst, da es dir nicht gefällt, ihn als Lehnsherrn zu haben, so anerkenne wenigstens als Herrin die erhabenste alle Frauen, welche es je gab, unsere Liebe Frau von Puy, die Mutter Gottes. Ich bin ihr Diener, sei Du ihr Ritter". "Ohne Zögern erklärte Mirat, daß er unter einer Bedingung bereit sei, die Waffen vor dem Diener Unserer Lieben Frau niederzulegen und die Taufe zu empfangen. daß seine Grafschaft - weder um seinetwegen, noch seiner Nachkommen wegen -, jemand anderem lehnbar sei denn IHR allein". (8). Karl der Große bestätigte das Übereinkommen.
Mirat empfing durch den Bischof von Puy die Taufe und nahm den Namen 'Lorda' an, der zu 'Lorde' und dann zu LOURDES wurde. (9). So nahm die Jungfrau mehr als tausend Jahre vor ihrem Erscheinen das bevorzugte Land in Besitz und machte es zu ihrem Eigentum, zu ihrem Fürstentum. Die Grafschaft von Lourdes wurde so durch den Willen seines eigentlichen Besitzers und das Abkommen des Königs von Frankreich zum Lehen Unserer Lieben Frau von Puy. In dieser Weise spielte Karl der Große eine Rolle bei der Begründung der Geschichte von Lourdes.
Überrascht es, daß Maria schon damals ihren eigenen Bereich gewählt haben sollte, um in ihn herunterzusteigen und von dort Frankreich und die ganze Welt mit all ihren Gnadenerweisen und mit ihrem Segen zu überfluten!
Karl der Große hatte seinen Ruhm und sein Heil unter den Schutz Unserer Lieben Frau gestellt, deren Bild er an einer goldenen Kette immer um den Hals trug. Ihrer mächtigen Fürsprache schrieb er den Erfolg all seiner Unternehmungen zu. Daher wollte er den zukünftigen Generationen ein leuchtends Zeugnis seiner Frömmigkeit und seiner Dankbarkeit Maria gegenüber überlassen: die Basilika von Aachen. "Er scheute keine Kosten, um dieses Gebäude zu einem der schönsten des Universums zu machen, Gold, Marmor, Porphyr wurden im Überfluß verwendet, die kostbarsten Reliquien aus Palästina wurden dort eingeschlossen, und damit es der Erhabenheit dieses Monumentes an nichts fehle, lud der Kaiser Papst Leo VII ein, damit er die Weihe der Kirche vornehme. Mit Freuden willfahrte der Papst dem Wunsche Karls. Er vollzog die Weihezeremonie mit einer außergewöhnlichen Herrlichkeit und in Anwesenheit von mehr als dreihundert Bischöfen und Erzbischöfen, Kardinälen und Edelmännern des Imperiums. In dieser Basilika, die er Maria geweiht hatte, wollte er auch "zum König der Römer gekrönt werden, um damit zu zeigen, daß er Zepter und Krone durch die Hände Mariens hielt. Man glaubt allgemein, daß sich der Brauch, die römischen Könige in der Kapelle und vor dem Altar des Allerheiligsten zu weihen, wie es auch sonst geschah, vom Vorbild, das Karl der Große gegeben, herrührt." (10).
Eginhard, der große, zeitgenössische Geschichtsschreiber und Minister des Kaisers fügt hinzu: "Morgens und abends begab er sich in die Basilika, um den öffentlichen Gebeten beizuwohnen; soweit seine Gesundheit es erlaubte, ging er sogar zu den nächtlichen Offizien und zur Stunde des heiligen Opfers. Er wachte darüber, daß die Zermonien mit großer Ehrfurcht durchgeführt wurden und ermahnte die Wächter ununterbrochen, nicht zuzulassen, daß vor der Heiligen Jungfrau Ungehöriges oder Unehrerbietiges getan werde." (10).
Die Verehrung, die er der Heiligen Jungfrau entgegenbrachte, belebte in ihm gleichermaßen die Verehrung des Heiligen Geistes; zu Ehren der dritten Person der Heiligsten Dreifaltigkeit verfaßte er den bewunderungswürdigen Anruf an das göttliche Licht, das "VENI CREATOR SPIRITUS". (11) Sein Anruf wurde gehört. Die herrlichen Kapitularien des Kaisers, in welchen er entschied, daß alle Gesetze der Kirche Gesetze seines Reiches seien, sind der leuchtende Beweis dafür. Der zu Lebzeiten so große Kaiser, war vor dem Tode nicht weniger groß. Im Vertrauen auf die himmlische Königin, der er so treu gedient hatte, wollte er mit einer Marienstatue auf der Brust im Aachener Dom, den er zu Ehren seiner göttlichen Beschützerin erbaut hatte, begraben werden.
Sein Sohn Ludwig der Fromme, sowie alle anderen seiner Kinder, denen der Kaiser die Liebe zu Maria einprägte, blieb ein treuer Marienverehrer. Immer trug er ein Bildnis der Jungfrau bei sich, und sogar während der Jagd zog er sich zurück, um knieend vor diesem Bildnis zu beten.
"816 gab er eine Verordnung heraus, mit der er den Grafen Beggon autorisierte, das Kloster Saint-Maur des Fossés, in dem sich die Kapelle "Unserer Lieben Frau der Wunder" (N.-D. des Miracles) befand, wiederherzustellen. Die Überlieferung besagt, daß diese marianische Gebetsstätte, wie auch die von Einsiedeln, durch Unseren Herrn selbst eingeweiht wurde. Ludwig (der Fromme) bewilligte unserer Lieben Frau von Cambrai und den davon abhängigen Territorien die Steuerfreiheit und gab für die Beleuchtung (der Kirche) alle Mittel, die ihr der Fiskus durch Steuern entzogen hatte. (12)
Karl der Kahle setzte diesen Brauch fort: Unserer Lieben Frau von Chartres machte er den Schleier der allerheiligsten Jungfrau zum Geschenk; diesen hatte die Kaiserin Irene von Konstantinopel Karl dem Großen übersandt.
"Er ging gerne zur Altarstätte Unserer Lieben Frau von Marillais, in der Diözese von Angers, um dort zu beten. Der Kirche Unserer Lieben Frau von 'La Daurade' zu Toulouse schenkte er Privilegien und Reichtümer. Ihm schreibt man den Bau der Altarstätte Unserer Lieben Frau von Bethlehem mit ihrem achteckigen Glockenturm zu Ferrières zu. Dieser Turm stürzte 1739 ein. Am 6. Mai 877 weihte er unserer Lieben Frau von Karlopol die Abtei Unserer Lieben Frau von Saint Corneille. Durch seine zahlreichen Schenkungen und die Rückgabe der Güter, die durch erzbischöfliche Erhebung konfisziert worden waren, trug er zur Erbauung der Kathedrale von Reims bei. In seiner Gegenwart wurde die neue Kirche am 19. Oktober 852 von Erzbischof Hincmar eingeweiht. Die Namen der beiden Wohltäter wurden in den Hauptaltar eingemeißelt, der 1746 zerstört wurde. Hincmar war ein großer Marienverehrer. Daher schrieb man ihm das Epitaph zu. Sis pia, cultori, sancta maria, tuo. "Heilige Maria, sei Deinem Verehrer gnädig". Ludwig der Stammler läßt sich in der von seinem Vater erbauten Kirche zu Compiègne begraben. (13)
Nach der Absetzung Karls des Starken flüchtete seine Gemahlin, die hl. Richarda - eine Verwandte der hl. Ottilia -, ins Elsaß und gründete dort zu Ehren der Muttergottes das Benediktiner-Kloster von Andlau-au-Val sowie eine Kirche. "Ein altes Breviarum aus Straßburg berichtet, daß die Blinden, die zu ihrem Grab kommen, sehend, die Gelähmten gehend werden, daß die Paralytiker geheilt und die Besessenen befreit werden, und daß alle möglichen Kranken Linderung erlangen."
Seit dem Tode Karls des Großen häuften sich die Einfälle der Normannen. Diese Barbaren zerstörten auf ihren Streifzügen alles. Sie plünderten, brandschatzten, verübten Gewalt und mordeten. Nirgends mehr war die Bevölkerung sicher. Aber Maria brachte ihrem Volke wieder einmal Hilfe:
885 während der Belagerung von Paris, befand sich der Bischof Gauzelin in den Befestigungen. Hilflos stand er der unerhörten Grausamkeit der Barbaren gegenüber. Da erhob er seine Hände zu Maria, zur Hilfe der Christen, und verrichtete unter Tränen folgendes Gebet: "Erhabene Mutter des Erlösers und des Heils der Welt, leuchtender Stern des Meeres, der mit seinem Licht alle übrigen überstrahlt, gnädig erhöre das flehende Gebet Deines Dieners!". Da er sein Gebet beendet hatte, nahm er einen Bogen und schoß einen Pfeil auf den Anführer der Normannen, der in den Staub stürzte. Die Normannen waren durch den Tod ihres Führers entsetzt und flohen. Paris war gerettet. (14). Zu dieser Zeit wurde die ganze Stadt Maria geweiht.
Einige Jahre später - 911 -, belagerte Rollon, der Führer der Piraten, Chartres. Der Bischof appellierte an Robert, Herzog von Frankreich, dessen Vater sich im Kampf gegen die Angreifer einen Namen gemacht hatte, an Richard, Herzog von Burgund und an Eble, Graf von Poitiers, die seiner Aufforderung Folge leisteten. Am Samstag, den 20. Juli am Tag der heiligen Jungfrau -, nahm der fromme Bischof, nachdem er insbrünstig und vertrauensvoll zu Unserer Lieben Frau gebetet hatte, den Schleier der heiligen Jungfrau aus dem Tresor der Kathedrale, und trug ihn an der Spitze der Truppen, die sich auf die Belagerer stürzten. Als die Normannen diese Standarte sahen, wurden sie von der Panik ergriffen; im Kampf verloren sie 1800 ihrer Soldaten und wurden in die Flucht geschlagen. Maria hatte die Stadt gerettet. Aber sie tat noch mehr. Rollon, der den Grund seiner Niederlage kannte und von ihm tief beeindruckt war, zog sich nach Rouen zurück, wo er das Heil fand. Der König Karl der Einfältige trug dem Erzbischof von Rouen auf, Rollon die Konversion vorzuschlagen, mit der er ihm die Provinz, die sich vom Ozean bis zu den Antillen ersteckte, sowie die Hand seiner Tochter, geben wollte. Rollon nahm an und empfing die Taufe. Durch Maria haben Rollon und die Normannen den Weg zu Jesus Christus gefunden. Ein neues Volk begab sich in den Schoß der Kirche, die Einbrüche der Piraten hörten auf und Frankreich erlangte Frieden und Sicherheit wieder. (15)
Einmal bekehrt, erkannten die Normannen Maria als ihre Königin an und bezeigten ihr eine rührende Treue und Hingabe. Zu Ehren derjenigen, die Rollon "Meine Herrin, heilige Maria" nannte, wiedererbaute er die Kirche von Rouen, in der er begraben werden wollte. Er bereicherte Unsere Liebe Frau von Bayeux und beschenkte Notre-Dame von Evreux.
auf ihren abenteuerlichen Streifzügen gaben sich die Normannen als Ritter Mariens aus und übereigneten ihr einen großen Teil ihrer Beute. Nach ihrem Sieg über die Sarazenen schickten Trankred und Robert Guiscard dem Bischof von Coutances, Geoffroy de Maubray, genügend Geld, um die Kathedrale Sainte Marie zu erbauen, von der Vauban sagte: "Wer ist der himmlische Dummkopf, der dieses Wunder in die Welt gesetzt hat?" (16).
Im Verlauf der heldnehaften Kämpfe ließ Maria einen neuen Zweig des französischen Königsgeschlechtes, nämlich den Roberts des Starken und der Herzöge von Frankreich hervortreten, und bereitete sie auf die Thronbesteigung vor. Von da an übernehmen die Kapetinger die volle Entfaltung der Marienverehrung in Frankreich.
Der karolingische Zweig, der ausstarb, stand dem merowingischen bezüglich der Heiligkeit in nichts nach. Das Heiligenleben von Mgr. Paul Guérin und der Bollandisten erwähnt etwa vierzig Heilige, die der Familie Karls des Großen angehören.
(1) Bathild Bouniol: "La France Héroique", zitiert von Abbé Périgaud in: "Le Baptême de la France", S. 361/362.
(2) P. Ubald: "Les trois Frances", S .477/478.
(3) Recueil des Hist. des Gaules et de la France: III, 316 E (Annales du Moine de St-Gal); 318. c (Chronique de St Benigne); 701 (Annales des Francs de l'abbé du Four, etc. Hamon (IV, 188) versichert, daß diese Schlacht am 8. Sept. stattgefunden habe, wodurch die Berühmtheit des Festes Mariae Geburt zusätzlich gefördert worden sei; andere Autoren behaupten hingegen, die Schlacht sei am 8. Oktober geschlagen worden.)
(4) Zum Gedenken des Sieges von Avignon läßt sein jüngerer Sohn, Karl der Große, das Heiligtum Unserer Lieben Frau von Rochefort erbauen und restauriert die Basilika Unserer Lieben Frau des Doms, die, wie die Überlieferung berichtet, bei einer Erscheinung Unseres Herrn von Ihm selbst geweiht wurde. Diese wunderbare Weihe ist durch zwei päpstliche Bullen bestätigt: durch die Johannes XXII im Jahre 1316 und die Sixtus' IV vom 21. Nov. 1475.
(Vgl. Hamon: op. cit. VII, 5 u. 6. - Féron-Vrau. "Dieu et la France", p. 71, "Die wunderbare Weihe von N.-D. des Doms", sonderbare Erinnerung, veröffentlicht zu Marseille im Jahre 1862, von Marius Olive, 5. Aufl. - Bories: "La Royale couronne des Rois d'Arles", Dom Mège. "la Sainte Montagne de N.-D. des Grâces de Rochefort", Hamon. op. cit. VII, S. 101.)
(5) M. Guillier Turgis: "Marie, Reine de France", S. 150
(6) Bezüglich aller hier angeführten Einzelheiten vgl. Hamon: "Histoire du culte de la Sainte Vierge en France", in 7 Bänden, sowie M. Guillier Turgis: "Marie Reine de France".
(7) P. Parrau de Lorde: "Un miracle avant la lettre au pays des miracles". Dieser auf das Archiv des Hauses von Lorde gestützte Artikel wurde am 3. Juli 1933 in 'Express du Midi' veröffentlicht.
(8) Louis Guérin: "Lourdes", Paris 1930, S. 8.
(9) R.P. Huguet, Mariste: "Trésor historique des Enfants de Marie", Bd. II, S. 55.
(10) Eginhard: "Vie de Charlemagne", Kap. XXVI, zitiert von Dom Bouquet in: "Recueil des Historiens des Gaules et de la France", Bd. V, S. 99C; vgl. des weiteren die selbe Sammlung in: "Les grandes chroniques de Saint-Denis", (Buch III, Kap. I u. Buch IV, Kap. II, Bd. V, S. 264 u. 285)
(11) Abbé Dessailly: "Le grand Testament de Saint-Rémi", S. 109.
(12) Abbé Buron: "Marie et la Maison de France". Revue des Prêtres de Marie, Reine des Coeurs, Dezember 1938. - hersgeg. Saint-Laurent-sur-Sèvre (Vendée).
(13) Bezüglich dieser Tatsachen, vgl. Dom Bouquet, "Recueil des Historiens des Gaules et de la France", Bd. VII, p. 80 A und 274 B. Bd. VIII, p. 80 A.)
(14) Vgl. den zeitgenössischen Dichter Abbon - Chant I, Vers 328; ebenso Hamon - op. cit. I, pp. 14-16.
(15) Alle nachstehenden Hinweise sind entnommen aus "Recueil des Historiens des Gaules et de la France". Das Wunder von Chartres wird von folgenden Geschichtsschreibern ausführlich berichtet:
"Historia Normannorum" ex Willemi Gemeticensis Monachi VIII, 256D, "Ex alio fragmento historiae franciae", id. p. 302C; "Brevi chronico S. Martini turonensi", id. 316D; "Chronique de Hugue moine de fleury sur les Rois modernes des Francs", id., pp. 318A et 322A; "Histoire d'Ordéric Vitral, Moine de Saint Evroul", tome IX, p. 10B; "Ex chronic. Rotomag", id. p. 87D; "Ex chronic. S. Florentii in Prob. novae Hist. Britanniae", id. 87D.
Die folgenden Geschichtsschreiber berichten nur über die Taufe Rollons und über seine Heirat Gisle's, der Tochter Karls des Einfältigen: "Ex chron. Roberti Abbatis S. Michaelis, edito ab Acherio ad Calcem; Operum Guibert Abbatis Novigenti - id. p. 87E; "Ex chronico Fiscanensi", d'après Labbe - id. 87E, etc.
(16) Vgl. Mgr. Ricard, "La Mission de la France", p. 150.
Mittwoch, 17. Januar 2007
Die heiligste Jungfrau Maria in der Geschichte Frankreichs - 05 - Kapitel V
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